Die Bindungstheorie, im 20. Jahrhundert entwickelt von John Bowlby und Mary Ainsworth, gehört zu den fundiertesten Theorien über die psychische Entwicklung des Menschen. Grundlage ist ein angeborenes Bedürfnis nach gefühlsintensiven Beziehungen zu Mitmenschen. Informieren Sie sich über Bindungstypen wie die sichere Bindung, unsicher-vermeidende Bindung, ambivalente Bindung und desorganisierte Bindung. Wie entstehen Bindungsstörungen und welche Schutzfaktoren gibt es?
Inhaltsverzeichnis
Was ist Bindungstheorie?
Bindungstheorie ist heute eine etablierte Disziplin in der Psychologie, die verhaltensbiologisches, entwicklungspsychologisches, systemisches und psychoanalytisches Denken verbindet und gilt als bedeutsame Basis der modernen Selbstpsychologie und der modernen Objektbeziehungstheorie. Letztere stellt innerhalb der Psychologie, insbesondere der Psychoanalyse einen Paradigmenwechsel dar.

Menschliche Entwicklung ist damit grob gesagt nicht mehr nur das Ergebnis von Triebunterdrückung (Psychoanalyse) oder Konditionierung (Behaviorismus), sondern das Ergebnis von Beziehung, die ausreichend Raum für Symbiose und Autonomie schafft.
Bindungstheorie: der Mensch als soziales Wesen
Entwicklungspsychologie wurde damit von einer “one body psychology” (Michael Balint) erweitert zur Disziplin, die die Erforschung von Menschen in sozialer Interaktion in den Fokus nimmt. Individuen und deren Muster in Haltung und Verhalten werden nur verständlich, wenn man sie in ihrem sozialen Rahmen betrachtet. Vor allem wird dabei die frühe Mutter-Kind-Beziehung und deren Auswirkung auf ein späteres Leben hin untersucht.
Bindungsverhalten ist genetisch angelegt
Es gibt ein genetisch vorgeprägtes Bindungsverhalten, das allen Primatenkindern und insbesondere den Menschenkindern zu eigen ist. Damit hat jedes Kind eine angeborene Prädisposition, sich an seine Bezugsperson zu binden. Neuere Forschung auf diesem Gebiet zeigt, dass der Bindungsaufbau auch mit mehreren Bezugspersonen gleichzeitig gelingt.
Wann entwickelt sich Bindungsverhalten?
Das Bindungsverhalten entwickelt sich im ersten Lebensjahr, wobei erst ab der sechsten Lebenswoche ein personenunterscheidendes Bindungsverhalten beobachtbar ist und davor die Bindungsperson scheinbar beliebig wechseln kann. Die mögliche Interpretation dieses Phänomens, dass es gleichgültig sein könnte, wie oft die Bindungsperson in dieser Zeit wechselt, wäre jedoch falsch.
In den ersten sechs Lebensmonaten erfolgt die Phase der stärksten Prägung und die Bindungsphase reicht hinein bis etwa ins vollendete zweite Lebensjahr.
Neurobiologische Bestätigung der Bindungstheorie
Die Neurobiologie zeigt heute eindrucksvoll, dass die Ausprägung dieser Faktoren im Wesentlichen von der Entwicklung der rechten Gehirnhemisphäre abhängt. Wie wir später emotional leben, wird damit zu 80 Prozent in der Entwicklungsperiode von der 2. Schwangerschaftshälfte bis zum 18. Lebensmonat, also bevor das Denken überhaupt beginnt, angelegt.
Alle wesentlichen Handlungen werden – schneller als wir denken können – von emotionalen Zentren des Gehirns, insbesondere des limbischen Systems geleitet.
Wurden im kartesianischen frühneuzeitlichen Rationalismus noch das Denken und die Vernunft als Quelle des Lebens gelobt, was im Ausspruch R. Déscartes “Cogito ergo sum” seinen Ausdruck findet, so wissen wir heute, neurobiologisch fundiert, dass es heißen muss:
“Ich fühle, also denke und lebe ich”, was zum Ausdruck bringt, wie stark unser Handeln von früher emotionaler Beziehungserfahrung unbewusst geleitet wird.
Schutzfaktor sichere Bindung
Aus Sicht der vorhandenen Ergebnisse der Bindungsforschung wird die Entwicklung einer sicheren emotionalen Bindung eines Kindes an seine Eltern als ein bedeutender Schutzfaktor in der kindlichen Entwicklung betrachtet.
Kinder mit einer sicheren Bindung haben mehr Fähigkeit zu Empathie, haben eine bessere Sprachentwicklung, sind kreativer, was auch bedeutet, dass sie in schwierigen Lebenssituationen schnellere und bessere Lösungsmöglichkeiten finden.
Mehr über Risiko- und Schutzfaktoren einer sicheren Bindungsbeziehung: Bindung und Trauma: Risiken und Schutzfaktoren für die Entwicklung von Kindern
Einflüsse auf die Bindungs- und Beziehungsfähigkeit
Die Bindungsentwicklung ist durch vielfältige Einfüsse wie z. B. Traumata störbar. Dabei muss es nicht immer ein schwerwiegendes existentielles Trauma sein. Nicht selten entstehen – lange unerkannte – frühkindliche Traumata durch vorübergehende Trennung oder den Verlust von nahestehenden Bindungspersonen.
Transgenerationale Störungen der Bindungsfähigkeit
Zusätzlich erfahren wir heute aus der psychologischen und biologischen Forschung, allen voran der Epigenetik, dass auch Erlebnisse in der Biographie der Eltern Auswirkungen haben auf die Bindungsfähigkeit ihrer Kinder und damit auf weite Teile von deren Lebensgestaltung.
Es konnte eine transgenerative Übereinstimmung und Vorhersage von 80 Prozent beobachtet werden zwischen der berichteten Einstellung werdender Mütter zu Bindung und Beziehung und des sich entwickelnden Bindungstyps des zu diesem Zeitpunkt noch ungeborenen Kindes.
Es scheint in den meisten Fällen zutreffend, dass unsicher gebundene oder traumatisierte Erwachsene auch unsichere und traumatisierte Kinder zeugen.
Bindungsverhalten: Zeichen und Sinn
Ein Kind wird unter allen Umständen sein Verhalten so gestalten, dass die existentiell wichtigen Beziehungen aufrechterhalten bleiben.
Bindungsverhalten zeigt sich in Blickkontakt, Lächeln, Schreien, Festklammern und Zur-Mutter-Krabbeln und sichert in einer anfangs symbiotischen Beziehung (meist) mit der Mutter ausreichend Nähe, Geborgenheit und Sicherheit, die zum Überleben in der frühen Kindheitsphase nötig ist.
Erst wenn dieses Bedürfnis nach Sicherheit ausreichend befriedigt ist, erwacht nach der symbiotischen Phase eine Explorationsphase, die zu Autonomie führt. Die frühen Beziehungs-Erfahrungen werden zu “inner working models” (J.Bowlby), die wiederum Beziehungen in der Zukunft – meist unbewusst – beeinflussen.
Wieviel Bindungspersonen gibt es?
Im ersten Lebensjahr binden sich Kinder an maximal zwei bis drei Personen. Das geschieht nicht automatisch mit Menschen biologischer Verwandschaft oder mit denen, die am meisten Zeit mit dem Kind verbringen, sondern nur da, wo Bedürfnisse des Babys feinfühlig gestillt werden.
Es gibt also eine Hauptbindungsperson, die sich diese Position durch die größte Feinfühligkeit in Interaktion mit dem Baby erwirbt. Sie wird bei größtem Stress aufgesucht und kann am besten beruhigen. Daneben gibt es zwei bis drei weitere nachgeordnete Bindungspersonen, die bei kleinerem Stress trösten können.
Unterschiedliche Bindungsqualitäten
Kinder bilden verschiedene Bindungsqualitäten zu verschiedenen Bezugspersonen aus, wobei jedoch ein Muster das dominante wird.
Es werden 4 Bindungstypen nach Bindungsqualität unterschieden:
Das Grundbedürfnis nach Bindung und Beachtung bleibt ein ganzes Leben bestehen und prägt den Kontakt und die Beziehung zu anderen Mitmenschen.
Bindungsqualität: variabel – nicht determiniert
Bindungsqualität, wie sie sich in den ersten beiden Lebensjahren im Wesentlichen ausbildet, ist kein Fixum, sondern ein Kontinuum, das sich durch neu gemachte Erfahrung in anderen Beziehungen zeitlebens in unterschiedlichste Richtungen verändern kann.
Bindungstypen nach Bowlby
Es ist eindrücklich, in welch hohem Maß bestimmte Erfahrungen, die Eltern in Beziehung gemacht haben, ziemlich genau vorhersehbare Bindungstypen bei deren Kindern erzeugen. Bei der ersten Gruppe der sicher gebundenen Kinder liegt diese Übereinstimmung bei 75 Prozent. Die anderen drei Gruppen liegen etwas darunter.
Sichere Bindung
Dazu zählen ca. 50-60 Prozent aller Kinder. Sie können Nähe und Distanz zu ihrer Bezugsperson angemessen regulieren. Bei Trennung von der Bezugsperson zeigen sie deutliches Bindungsverhalten wie Weinen, Schreien und Klammern, das signalisiert, dass sie die Trennung nicht akzeptieren werden. Auf die Wiederkehr der Mutter reagieren die Kinder mit Freude, suchen Körperkontakt und wollen getröstet werden. Nach kurzer Zeit beruhigen sie sich und wenden sich wieder dem Spiel zu.

Die Bezugspersonen sind fähig zur Selbstreflexion mit einem hohen Maß an Selbstvertrauen, Frustrationstoleranz, Respekt und Empathiefähigkeit. Diese Eigenschaften wurden entweder vermittelt durch Eltern mit ähnlichen Eigenschaften oder erworben durch Übung von gleichsam verbindlicher wie selbstständiger Beziehung zu sekundären Bindungspersonen, Beziehungspartnern und / oder psychotherapeutischer Unterstützung.
Unsicher-Vermeidende Bindung
Dazu zählen ca. 30-40 Prozent aller Kinder. Sie erscheinen äußerlich ruhig und “cool” und zeigen bei Trennung eine Pseudounabhängigkeit von der Bezugsperson als Ausdruck einer Stress-Kompensationsstrategie, die leider oft als “pflegeleichtes” Verhalten, ruhiges Temperament oder frühe Selbstständigkeit fehlinterpretiert wird. Klinische Stressparameter, wie Herzfrequenz und Cortisolspiegel im Speichel weisen unmissverständlich auf erhöhten Stress hin, der sogar noch größer ist als der bei unsicher-ambivalenter Bindung und auch noch eine halbe Stunde nach dem Stressreiz anhält.
Die Kinder mit unsicher-vermeidender Bindung zeigen bei Trennung nur wenig Protest und kein deutliches Bindungsverhalten. Sie spielen in der Regel weiter, wenn die Mutter den Raum verlässt, wenn auch mit weniger Neugier und Ausdauer. Auf die Rückkehr der Mutter reagieren sie mit Ablehnung, wenden sich aktiv ab und wollen nicht auf den Arm genommen und getröstet werden.
Die Bezugspersonen zeigen häufig eine distanzierte, bindungsabweisende Einstellung. Es gefällt ihnen, wenn die Kinder Anhänglichkeit zeigen, sie können jedoch deren Bedürfnisse nach Geborgenheit, Beruhigung und Trost nicht ausreichend stillen. Auch können sie sich kaum an eigene Kindheitserlebnisse erinnern, was auf ein hohes Maß an Verdrängung schließen lässt. Die eigenen Eltern und deren Erziehungsmethoden werden idealisiert, obwohl nur von wenig Unterstützung und wiederholter Zurückweisung berichtet wird.
Kennzeichnend für die Eltern ist ein großes Unabhängigkeitsbestreben und eine Überbetonung von Selbstständigkeit, eigener Stärke und Willenskraft und die Angabe, fehlende Hilfe in der Vergangenheit nicht sonderlich vermisst zu haben.
Unsicher-Ambivalente Bindung
10-20 Prozent aller Kinder zeigen nach Trennung den größten Stress mit abwechselnd anklammerndem und aggressiv-abweisendem Verhalten gegenüber der Bezugsperson. Sie sind nur schwer zu beruhigen und können sich auch nach eingehender Zeit der Beruhigungsversuche nicht wieder selbstständig im Spiel beschäftigen.
In ihrer weiteren Entwicklung erfolgt meist eine Parentifizierung, d. h. eine Rollenumkehr, in der das Kind die Rolle eines schwachen, erwachsenen Elternteils übernehmen muss und damit natürlich heillos überfordert ist. Dadurch sind Explorations-, Ablösungs- und Autonomiebestrebungen erschwert und von Schuldgefühlen und unterdrückter Wut begleitet.
Die Bezugspersonen, vor allem die Mutter, konnten häufig keinen Schutz und Beruhigung in Bedrohungs- und Stresssituationen bieten. Die Mitteilungen an das Kind sind meist von Doppelbotschaften geprägt, indem Mitgefühl und Trost mit Schelte, Druck und angstauslösendem Verhalten abwechselt. So wird nach angehender Beruhigung das Bindungsverhalten des Kindes mit Weinen und Schreien immer wieder reaktiviert.
Ebenso konnte hier häufig im Verhalten der Eltern ein unvorhersehbarer Wechsel von Überfürsorge und Zurückweisung und eine geringe oder wechselnde Qualität von Feinfühligkeit beobachtet werden. Die Eltern sind emotional nur teilweise verfügbar. Sie werden häufig von Erinnerungen an die eigene Kindheit dauerhaft belastet. Eigene negativ prägende Kindheitserlebnisse konnten nicht verarbeitet werden und die Gefühle wechseln zwischen Wut auf und Idealisierung der eigenen Eltern.
Ein Gefühl der Abhängigkeit und Ohnmacht der Kindeseltern bezüglich der eigenen Eltern steht im Vordergrund und die Illusion, dass diese allein durch Wiedergutmachung diese missliche Lage positiv beeinflussen könnten. Im Test-Interview fielen diese erwachsenen Bezugspersonen durch ausufernde Detailschilderungen auf, die geprägt waren von inhaltlichen Sprüngen und Widersprüchen.
Desorganisierte Bindung
Dieses Bindungsmuster tritt bei 5-10 Prozent aller Kinder auf und es ist als beginnende Psychopathologie zu werten. Jedoch können auch die drei oben genannten Bindungsqualitäten in kurzen Sequenzen desorganisierte Verhaltensweisen zeigen.
Die Kinder zeigen deutlich desorganisiertes, nicht auf eine Bezugsperson bezogenes Verhalten wie stereotype Bewegungen, oder es kommt zu widersprüchlichem Verhalten wie gleichzeitigem Verlangen und Ablehnung von Nähe. Sie laufen dabei auf die Mutter zu und bleiben auf der Hälfte des Weges stehen. Oder ihre Bewegungen können mitten im Bewegungsablauf erstarren und scheinbar einfrieren.
Das Bindungssystem des Kindes ist hier aktiviert, äußert sich aber nicht in eindeutigen und konstanten Verhaltensweisen. Diese kindlichen Verhaltensweisen bei desorganisiertem Bindungsmuster haben auf der Symptomebene Ähnlichkeiten mit der Aufmerksamkeit-Hyperaktivitäts-Störung (ADHS).
Neben den unten genannten Risikofaktoren besteht ein statistisch signifikanter Zusammenhang zwischen desorganisierten Verhaltensweisen und Frühgeburtlichkeit. Nach Vernachlässigung, Misshandlung und Missbrauch zeigen Kinder gehäuft (bis zu 80 Prozent!) desorganisierte Verhaltensweisen.
Die Bezugspersonen sind meist traumatisierte Eltern, die unter unverarbeiteten Erfahrungen leiden wie seelischer und körperlicher Verletzung oder gehäuften bzw. abrupten frühen Verlusten eigener Bindungspersonen. Durch ihre eigene fehlende Stressresistenz lösen sie in ihren Kindern ständig Alarmbereitschaft aus, die sie aber nicht beruhigen können. Auch hier tritt meist eine starke Parentifizierung ein und die Mütter überlassen den Kindern die Führung in Beziehung in zu hohem Ausmaß.
Wie erkennt man verschiedene Bindungsqualitäten?
Wenn man Kinder im Alter von einem Jahr in Längsschnittstudien mit dem Testverfahren “Fremde Situation” beobachtet, sieht man unterschiedliche Reaktions- und Verhaltensweisen, die sich klassischerweise in vier verschiedene Bindungstypen unterteilen lassen.
In diesem Test wird das Kind von der Bindungsperson, in der Regel die Mutter, zwei Mal getrennt und kommt nach einigen Minuten wieder mit ihr zusammen. Die Aussagen über die Einstellung der Bindungspersonen, meist der Eltern, stammen aus einer linguistischen Analyse des “Adult Attachement Interview”, dem Erwachsenen-Bindungs-Interview, einer halbstrukurierten Befragung der Eltern, um deren Bindungsrepräsentation zu erfassen.
Die Prozentangaben über die Häufigkeit der einzelnen Bindungsqualitäten stammen aus Längsschnittstudien von Karin und Klaus Grossmann aus den 70er- und 80er-Jahren. In Deutschland wurden dabei geographisch keine Ost-West, jedoch Nord-Süd-Unterschiede festgestellt, die gezeigt haben, dass im Norden die vermeidende Bindungsqualität häufiger vorkam.
Wenn Sie Ihr Wissen über Bindungsstörungen, deren Erkennungsmerkmale und Einteilungen erfahren möchten, empfehle ich Ihnen dieses Buch: Brisch, K.-H.: Bindungsstörungen: Von der Bindungstheorie zur Therapie.
Folgen von Bindung
In der Bindungsforschung kann empirisch belegt werden, dass bestimmte Formen frühkindlicher Beziehung einen positiven wie auch negativen Einfluss auf die spätere Entwicklung haben können:
- wie ein Mensch sich selbst und seine Umwelt wahrnimmt
- welche Persönlichkeitsentwicklung sich im Lauf des Lebens zeigt
- welche Möglichkeiten der Beziehungsgestaltung offen stehen
- wie Paarbeziehung gelebt werden kann
- welche Form von Sexualität, von Humor und Ethik sich ausprägen
- welches Maß an Affektkontrolle zur Verfügung steht, d. h. ob Tendenzen zur Überreaktion oder Unterwürfigkeit bestehen
- ob ein kohärentes Selbstbild erzeugt wird
- ob Wertvorstellungen enstehen können, die über die gängige Moral hinausgehen
- wie stressresistent jemand ist
- wie widerstandsfähig oder krankheitsanfällig jemand ist für psychische Erkrankungen wie Depression oder übertriebene Aggression, Angststörungen, Zwangsverhalten, Suchtverhalten, Aufmerksamkeitsstörungen wie ADS und ADHS und psychosomatische Erkrankungen wie Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Krebserkrankungen, Burnout-Syndrom, Autoaggressionserkrankungen wie Hashimoto-Thyreoiditis, Colitis ulcerosa, M.Crohn, Multiple Sklerose.
Störungen im Bindungsverhalten
Die beschriebenen Bindungsqualitäten sind zum Teil gestörte, jedoch noch nicht krankhafte Bindungsmuster.
Das Bindungssystem ist sehr robust und es benötigt schwerwiegende und häufige Störungen, bis Kinder eine pathologisches Bindungsstörung entwickeln, was bei ca. 3-5 Prozent der Kinder vorkommt.
Behandlung von Bindungsstörung
Viele Menschen wachsen unter unsicheren Bedingungen auf, die keine konstanten und verlässlichen Beziehungsmuster entstehen lassen, und entwickeln fortan unsichere, ambivalente oder desorganisierte Bindungs- und Beziehungsmuster.
Sowohl Symbiose als auch Autonomie sind spezifisch menschliche Bedürfnisse, und deren Verhältnis gerät im Leben vieler Menschen manchmal in Ungleichgewicht – ein Grund warum Menschen in meine Praxis für Psychotherapie und Gruppentherapie in München kommen.
Im Laufe der persönlichen Entwicklung kommt es nicht selten zu angepasstem Fehlverhalten, das nur unter dem Gesichtspunkt der Bindungstheorie verständlich wird.
Zum Beispiel suchen Affenjunge die körperliche Nähe zu Mutterattrappen, die mit Fell bedeckt sind, sie aber nicht füttern, jedoch nicht zu Drahtattrappen, die sie zwar füttern, aber nicht mit Fell bedeckt sind. Hier wird das Bedürfnis nach Nähe und Geborgenheit über die körperliche Unversehrtheit gestellt, wie es auch verhängnisvoll in vielen psychosomatischen Erkrankungen und Paarkonflikten bei Menschen deutlich wird.
Hier kann dann therapeutische Beziehung, trotz suboptimaler Bindungserfahrungen, zu einem reifen erwachsenen Leben verhelfen.
Eine Form von Psychotherapie und Gruppentherapie in München ist die Münchner Gruppe, die nicht nur vergangene Beziehungen analysiert, sondern gegenwärtige, gleichsam achtungsvolle wie herausfordernde Beziehungserfahrungen ermöglicht, um alte negative Erfahrungen durch neue Handlungskompetenz zu ergänzen.
Umso mehr Möglichkeiten und Modelle den KlientInnen dabei zur Erforschung der eigenen Persönlichkeit angeboten werden, desto wirksamer erweist sich Therapie.
Daher ist die Gruppentherapie, wie z.B. die Münchner Gruppe eine hervorragende Chance, um neues Erleben in Denken, Fühlen und Handeln zu erfahren.
Was wirkt in Psychotherapie?
Nicht die Inhalte oder Methoden der Psychotherapie sind von vorrangiger Bedeutung, wie Studienergebnisse zu Gruppentherapie heute eindrucksvoll beweisen, sondern die therapeutische Beziehung, sofern sie eine positiv korrigierende emotionale Erfahrung ermöglicht, ist das wesentlich wirksame und heilsame in Therapie.
Bindungstherapie als Basis von Psychotherapie
Jede Form von Psychotherapie, die den Anspruch erhebt, hilfesuchenden Menschen nicht nur Analyse und Verständnis ihrer Probleme zu vermitteln, sondern mittel- und langfristig eine spürbar positive Veränderung in deren Leben zu ermöglichen, wird sich den Erkenntnissen der Bindungstheorie nicht verschließen können.
Wenngleich es sehr erfreulich ist, dass sich mittlerweile sogar ein eigenes Therapieverfahren, die Bindungstherapie nach Karl Heinz Brisch, etabliert hat, so sollte doch das Wissen aus der Bindungstheorie in alle psychotherapeutischen Methoden hineinwirken beziehungsweise deren Basis bilden.
Literatur zu Bindungstheorie
Veröffentlichungen der wichtigsten Bindungsforscher im deutschsprachigem Raum:
Grossmann, K. und K.: Bindungen – das Gefüge psychischer Sicherheit
oder als DVD:
Grossmann, K. und K.: Bindung – Das Geflecht des Lebens
Grundlagenwerke der Bindungsforschung:
Bowlby,J.: Bindung als sichere Basis: Grundlagen und Anwendung der Bindungstheorie
Bowlby, J.: Frühe Bindung und kindliche Entwicklung
Grossmann, K. und K.: Bindungen – das Gefüge psychischer Sicherheit
Grossmann, K. und K.: Bindung – Das Geflecht des Lebens – 1 DVD
Brisch, K.-H.: Bindungsstörungen: Von der Bindungstheorie zur Therapie
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Erstellungsdatum:
03.09.2012
Autor:
Markus Breitenberger ist Heilpraktiker, Therapeut für Potentialorientierte Psychotherapie und Safe-Mentor mit Aus- und Fortbildung bei Dr. med. K.-H. Brisch, einem der bedeutendsten zeitgenössischen Bindungsforscher. M. Breitenberger ist Autor von zahlreichen Büchern, Fachartikeln und Blogbeiträgen zu Themen rund um Gesundheit und Psychotherapie.
Quellen:
Bowlby, J.: Bindung als sichere Basis: Grundlagen und Anwendung der Bindungstheorie
Bowlby, J.: Frühe Bindung und kindliche Entwicklung
Grossmann, K. und K.: Bindungen – das Gefüge psychischer Sicherheit
Grossmann, K. und K.: Bindung und menschliche Entwicklung: John Bowlby, Mary Ainsworth und die Grundlagen der Bindungstheorie