Autoimmunerkrankungen sind chronisch-entzündliche Prozesse, die nach Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Krebserkrankungen die dritthäufigste Erkrankungsgruppe bilden. In den vergangenen Jahren wird eine stetige Zunahme von Neuerkrankungen registriert. Informieren Sie sich beim Experten und Buchautor über Ursachen und Behandlung von Autoimmunerkrankungen.
Inhaltsverzeichnis
Definition von Autoimmunerkrankungen
Autoimmunerkrankung ist ein Überbegriff für Krankheiten, bei denen es durch eine Fehlsteuerung des Immunsystems zu einer Zerstörung von körpereigenen Strukturen kommt.
Was ist eine Autoimmunerkrankung?
Als Autoimmunkrankheiten werden also Erkrankungen bezeichnet, bei denen das Immunsystem fälschlicherweise eigene Zellen und Organe als fremd einstuft und attackiert – in der Folge entstehen Entzündungen. Das ist der Fall bei Rheuma, Zöliakie, Multiple Sklerose, Lupus erythematodes, Morbus Basedow, Hashimoto-Thyreoiditis und vielen anderen. Wie es zu dieser Fehlregulation der Abwehrkräfte kommt, ist trotz intensiver Forschungsarbeit bis heute nicht geklärt.
Allen Autoimmunerkrankungen ist jedoch gemeinsam, dass die durch die Autoimmunreaktion hervorgerufenen Entzündungsprozesse Schäden an dem betroffenen Organ oder Gewebe hervorrufen können – bis hin zu deren vollständigen Zerstörung.
Wieviel Menschen sind von einer Autoimmunerkrankung betroffen?
Eine aktuelle bevölkerungsbasierte Studie (veröffentlicht im Mai 2023 im renommierten Fachjournal “The Lancet”) konnte zeigen, dass Autoimmunerkrankungen mittlerweile etwa jeden zehnten Menschen betreffen – mehr als bislang angenommen.
Wer erkrankt an einer Autoimmunkrankheit?
Von den meisten Autoimmunerkrankungen sind Frauen deutlich häufiger betroffen als Männer.
Auffällig ist dabei, dass sich eine Autoimmunerkrankung insbesondere in Zeiten von hormonellen Veränderungen– Menarche, Pubertät, Schwangerschaft, kurz nach der Geburt, in den Wechseljahren – oft das erste Mal bemerkbar macht. Deshalb geht man inzwischen davon aus, dass ein Ungleichgewicht weiblicher Hormone wie Progesteron und Östrogen bei der Entstehung einer Autoimmunerkrankung ebenfalls eine Rolle spielen.
Welche Autoimmunerkrankungen gibt es?
Zum Angriffsziel eines fehlgeleiteten Immunsystems kann praktisch jede körpereigene Struktur werden. Dementsprechend breit gefächert ist das Spektrum der Autoimmunerkrankungen.
Häufig spielt sich eine Autoimmunerkrankung vornehmlich an einem Organ oder an einer Gewebsstruktur ab, wie dies zum Beispiel bei der Hashimoto-Thyreoiditis oder Morbus Basedow der Fall ist, bei der sich das Immunsystem primär gegen die Schilddrüse richtet. Aber auch der Verdauungstrakt (Morbus Crohn, Colitis ulcerosa) oder die Bauchspeicheldrüse (autoimmune Pankreatitis) können beispielsweise als Zielorgan von Entzündungen betroffen sein.
Es kann aber auch sein, dass die Entzündungsprozesse nicht auf ein spezifisches Organ beschränkt bleiben, sondern verschiedene Strukturen, Gewebe und/oder Organsysteme erfasst haben, dann liegt die systemische Form einer Autoimmunerkrankung vor.
Eine solche systemische Autoimmunerkrankung ist zum Beispiel Lupus erythematodes, bei dem neben der Haut oft auch die Gelenke und zahlreiche innere Organe in das autoimmune Krankheitsgeschehen mit einbezogen sind. Lupus erythematodes gehört – wie auch die Sklerodermie oder das Sjögren-Syndrom – zu den Kollagenosen, die wiederum den entzündlich-rheumatischen Erkrankungen zugeordnet werden.
Liste verschiedener Autoimmunerkrankungen
Weltweit sind derzeit ca. 100 verschiedene Autoimmunerkrankungen bekannt. Hier ein Überblick über die häufigsten Formen von Autoimmunerkrankung mit Angabe des Zielorgans in Klammern:
- Addison-Krankheit / autoimmunologische Form (Nebennierenrinde)
- Autoimmungastritis (Magenschleimhaut)
- Autoimmunhämolytische Anämie (rote Blutkörperchen)
- Autoimmunhepatitis (Leber)
- Hashimoto-Thyreoiditis (Schilddrüse)
- Colitis ulcerosa Dickdarm (Mastdarm, Dickdarm)
- Diabetes Typ 1 (Betazellen der Bauchspeicheldrüse)
- Morbus Crohn (Verdauungstrakt)
- Lupus erythematodes Haut (Gelenke, innere Organe)
- Morbus Basedow (Schilddrüse)
- Morbus Bechterew (Wirbelsäule)
- Multiple Sklerose (Myelinscheiden des zentralen Nervensystems)
- Rheumatoide Arthritis (Innenhaut der Gelenke, Gelenkknorpel und -knochen)
- Sarkoidose / Morbus Boeck (Lunge, Lymphknoten)
- Sjögren-Syndrom (Tränen- und Speicheldrüsen)
- Sklerodermie (Bindegewebe: Haut, Gefäße, innere Organe)
- Schuppenflechte/Psoriasis (Haut, Gelenke)
- Vitiligo (pigmentbildende Zellen der Haut)
- Zöliakie (Dünndarmschleimhaut)
Beispiele von Autoimmunkrankheiten
Autoimmunerkrankungen sind primär durch ein fehlreguliertes Immunsystem ausgelöst und können in der Folge Beschwerden und Entzündungen an jedem beliebigen Organ hervorrufen.
Autoimmunerkrankung der Schilddrüse
Eine der häufigsten Autoimmunerkrankungen ist die Hashimoto-Thyreoiditis – und sie ist zugleich die häufigste Ursache für eine Schilddrüsenunterfunktion. Die Autoimmunerkrankung ist nach ihrem Entdecker, dem japanischen Arzt Hakaru Hashimoto (1881-1934), benannt, sie wird jedoch oft auch als Autoimmunthyreoiditis oder chronische lymphozytäre Thyreoiditis bezeichnet.
Ausgangspunkt ist eine chronische Entzündung (= Thyreoiditis), hervorgerufen durch fehlgeleitete Immunprozesse, infolgedessen spezielle Abwehrzellen, die T-Lymphozyten, das Schilddrüsengewebe angreifen und es nach und nach zerstören. Dabei kann die Schilddrüse so stark schrumpfen, dass sie schließlich kaum mehr vorhanden ist (atrophe Form, Ord-Thyreoiditis). Seltener kommt es vor, dass sich die Schilddrüse allmählich zu einem Kropf (Struma) vergrößert (hypertrophe Form).
Beide Formen haben über kurz oder lang zur Folge, dass das anhaltend entzündete Schilddrüsengewebe immer weniger in der Lage ist, ausreichend Schilddrüsenhormone zu bilden, sodass es zu den typischen Anzeichen einer Schilddrüsenunterfunktion kommt, allen voran Müdigkeit, Konzentrationsstörungen, Gewichtszunahme und Verstopfung, aber auch eine trockene, raue Haut, brüchige Haare, eine depressive Stimmung und viele andere Begleiterscheinungen, die Betroffene stark belasten können.
Allerdings kann zu Beginn der Autoimmunerkrankung auch erst einmal eine kurze Phase der Schilddrüsenüberfunktion bestehen – oder es steht zunächst ein Wechsel zwischen Über- und Unterfunktion im Vordergrund. Eine Hashimoto-Thyreoiditis entwickelt sich oft schleichend und ist über eine längere Zeit für den Betroffenen kaum wahrnehmbar; ein schubweiser Verlauf, wie es für viele andere Autoimmunerkrankungen typisch ist, ist eher selten. Dennoch beklagen viele Patienten zu Recht eine unzureichende Unterstützung, weil trotz Einnahme von L-Thyroxin belastende Symptome die Lebensqualität einschränken.
Neben der Hashimoto-Thyreoiditis gibt es noch eine zweite Autoimmunerkrankung der Schilddrüse: die Basedow-Krankheit (Morbus Basedow). Hierbei führen die Autoimmunprozesse jedoch zu einer übermäßigen Produktion von Schilddrüsenhormonen, oft sind auch die Augen beteiligt (endokrine Orbitopathie). Und: Anders als eine Hashimoto-Thyreoiditis kommt eine Basedow-Krankheit in der Hälfte der Fälle nach etwa einem Jahr zum Stillstand (Remission).
Autoimmunerkrankung der Haut
Im Rahmen einer Autoimmunerkrankung ist die Haut ein relativ häufiges Angriffsziel. Es kommt vor, dass das Autoimmungeschehen im Wesentlichen auf die Haut begrenzt bleibt, häufiger sind jedoch weitere Organsysteme mit betroffen; dies ist z.B. bei den Kollagenosen, einer Sklerodermie, dem systemischen Lupus erythematodes, mitunter auch bei einer Psoriasis (Psoriasis-Arthritis!) der Fall.
Autoimmunerkrankungen, die sich oft primär an der Haut abspielen, sind zum Beispiel:
- Alopecia areata – eine Erkrankung, bei der es zu einem kreisrunden Haarausfall kommt. Dies geschieht in 80 Prozent der Fälle im Kopfbereich. Bei Männern kann der kreisrunde Haarausfall jedoch auch im Bartbereich und – sehr selten – im Bereich der Körperbehaarung auftreten.
- Vitiligo (Weißfleckenkrankheit), deren Charakteristikum weiße pigmentfreie Flecken auf der Haut sind. Diese Hautveränderungen bereiten dem Betroffenen zwar keine körperlichen Schmerzen, doch leiden sie oft sehr unter dem auffälligen Erscheinungsbild. Häufig sind Gesicht, Hände, Füße und die Genitalregion betroffen; aber auch in Armbeugen, Knien, Nacken und anderen Körperregionen können sich die weißen Flecken bilden.
- Bei der Autoimmunerkrankungen bullöses Pemphigoid, Pemphigus vulgaris und Dermatitis herpetiformis (Morbus Duhring) handelt es sich um eine Gruppe von Hauterkrankungen (sogenannte blasenbildende Autoimmundermatosen), die durch die Bildung von Blasen auf der Haut gekennzeichnet sind.
Autoimmunerkrankung der Leber
Auch die Leber kann zur Zielscheibe eines fehlgeleiteten Immunsystems werden. Richtet sich die gestörte Immunreaktion gegen die Leberzellen, entwickelt sich eine Autoimmunhepatitis (AIH): Es entsteht eine Leberentzündung (Hepatitis), die unbehandelt in eine Leberzirrhose münden kann.
Eine weitere Autoimmunerkrankung der Leber ist die Primär biliäre Cholangitis (PBC), die früher auch Primär biliäre Zirrhose genannt wurde. Bei dieser Autoimmunerkrankung werden zunächst die Gallengänge in der Leber angegriffen: Sie entzünden und verengen sich. Infolgedessen kommt es zu einem Gallenstau, wodurch die Entzündung auf das Lebergewebe übergreift und es allmählich zerstört.
Wie bei der Autoimmunhepatitis, so kann sich auch im Endstadium einer PBC eine Leberzirrhose entwickeln. Im Übrigen lassen sich die beiden Erkrankungen nicht immer klar voneinander abgrenzen. Denn in 15 bis 30 Prozent der Fälle leiden die Betroffenen gleichzeitig unter einer Autoimmunhepatitis und unter einer PBC.
Autoimmunerkrankung Lupus erythematodes (SLE)
Der Lupus erythematodes ist eine eher seltene Autoimmunerkrankung, die vorwiegend jüngere Frauen zwischen 15 und 45 Jahren betrifft (mehr als 80 Prozent der Fälle). Bei einem Lupus erythematodes werden unterschiedliche Formen unterschieden: die verschiedenen Varianten des kutanen Lupus erythematodes, bei denen vor allem die Haut betroffen ist, sowie die systemische Form, bei der verschiedene Organe von den Entzündungsreaktionen erfasst sein können.
Manchmal geht der kutane Lupus auch in einen systemischen Lupus über. Dementsprechend unterschiedlich können die verschiedenen Beschwerdebilder sein. Besonders häufig sind Nieren-, Rippenfell-, Herzbeutel-, Gelenk- und/oder Gefäßentzündungen. Das charakteristische Schmetterlingserythem, das durch eine schmetterlingsförmige Rötung im Gesicht gekennzeichnet ist, tritt bei etwa der Hälfte der Betroffenen auf.
In etwa 75 Prozent der Fälle verläuft die Krankheit in Schüben, wobei zwischen den einzelnen Krankheitsphasen Monate, mitunter sogar Jahre liegen können, in denen kaum oder gar keine Beschwerden bestehen. Bei den übrigen Patienten schreitet die Autoimmunerkrankung langsam und kontinuierlich voran.
Autoimmunerkrankung “Rheuma“
Es gibt mindestens 100 verschiedene Krankheitsbilder, die zum rheumatischen Formenkreis gezählt werden – einige Experten gehen sogar von mehr als 400 Erkrankungen aus. Oft spielt sich das Geschehen einer rheumatischen Erkrankung an den Strukturen des Bewegungsapparats ab: an den Gelenken oder an den Wirbeln der Wirbelsäule (wie bei Morbus Bechterew), aber auch am Weichteilgewebe wie Muskeln, Sehnen und Bändern. Es sind jedoch auch schwere Multiorgankrankheiten möglich.
Weil die jeweiligen rheumatischen Erkrankungen sowohl in Bezug auf ihre Entstehungsmechanismen als auch hinsichtlich ihrer Krankheitsverläufe stark variieren, wird der rheumatische Formenkreis in verschiedene Krankheitsgruppen eingeteilt. Die wichtigsten sind:
- Rheumatoide Arthritis, juvenile Arthritis, Arthritis bei Schuppenflechte (Psoriasis-Arthritis)
- Vaskulitiden, zum Beispiel die Riesenzellarteriitis
- Kollagenosen wie Lupus erythematodes
- Gicht und andere Stoffwechselerkrankungen, die mit rheumatischen Beschwerden einhergehen
- Im weiteren Sinn werden auch Erkrankungen mit einbezogen, die nicht durch eine Entzündung ausgelöst werden, so etwa Arthrose oder Fibromyalgie.
Die häufigste chronisch entzündlich-rheumatische Erkrankung ist die rheumatoide Arthritis (Polyarthritis): In Deutschland leiden etwa 800 000 Menschen daran, wobei Frauen dreimal häufiger als Männer betroffen sind. Macht sich die Erkrankung bereits im Kindesalter bemerkbar, wird sie „juvenile Arthritis“ genannt.
Oft treten die Symptome schubweise auf, mitunter leiden die Betroffenen aber auch unter einer kontinuierlichen Verschlechterung ihrer Beschwerden.
Bei der rheumatoiden Arthritis wird die Innenhaut der Gelenke zum Ziel des Immunsystems: Durch die Angriffe der Abwehrzellen wird an den Gelenken eine Entzündung entfacht, die nicht nur starke Schmerzen hervorruft, sondern auch eine zunehmende Bewegungsbeeinträchtigung und schließlich eine Verformung der betroffenen Gelenke zur Folge hat, die trotz Bewegungstherapie die Lebensqualität im Alltag erheblich einschränkt.
Oft macht sich die Autoimmunerkrankung das erste Mal symmetrisch an den kleinen Gelenken (Finger-, Zehengelenke) bemerkbar, letztlich kann jedoch jedes Gelenk betroffen sein. In 20 Prozent der Fälle bilden sich Rheumaknoten, etwa im Bereich der Finger oder des Ellenbogens. Zudem können andere Organsysteme wie Blutgefäße, Herz, Lunge und Augen in Mitleidenschaft gezogen sein.
Ursache von Autoimmunkrankheiten
Die wichtigste Aufgabe des Immunsystems ist es, den Körper vor krankmachenden Eindringlingen wie Viren, Bakterien oder Pilze zu schützen. Hierfür erlernen die Akteure der Immunabwehr während ihrer Reifephase zwischen „fremd“ und „selbst“ (= auto) zu unterscheiden.
Hauptakteure des Immunsystems sind die Abwehrzellen der Darmflora. Doch erst, wenn sie auch die verschiedenen Kontrollinstanzen erfolgreich passiert haben, dürfen sie aktiv werden und das Unbekannte angreifen und eliminieren – wohingegen das körpereigene Gewebe toleriert wird und von den Angriffen verschont bleibt.
Hauptverantwortlich für die Immunabwehr sind spezielle Abwehrzellen des spezifischen Immunsystems, die T-Zellen und ihre Untergruppen, sowie die jeweiligen spezifischen Antikörper, die von den B-Zellen, der zweiten wichtigen Immunzellen-Gruppe, gebildet werden.
Die Fähigkeit des Immunsystems zur immunologischen Selbsttoleranz (Immuntoleranz) wurde erstmals von dem Mikrobiologen Paul Ehrlich (1854-1915) beschrieben und galt lange Zeit als unumstößliche Gesetzmäßigkeit. Seit dem erstmaligem Nachweis von Autoantikörpern im Blut in den 1950er Jahren zeigte sich jedoch, dass das Prinzip der Immuntoleranz sehr wohl außer Kraft gesetzt werden kann: T-Zellen und Antikörper greifen körpereigene Strukturen an, weil sie diese plötzlich als fremd einstufen.
Aus den Antikörpern sind Autoantikörper geworden, die nun genauso wirkungsvoll tätig sind wie die Antikörper im Rahmen der Immunabwehr zur Verteidigung des Körpers gegen gefährliche äußere Einflüsse – es hat sich eine Autoimmunerkrankung entwickelt.
Was genau der Fehlregulation zugrunde liegt, die das Immunsystem dazu veranlasst, sich gegen den eigenen Körper zu richten, lässt sich trotz intensiver Forschung bislang nicht mit Sicherheit sagen. Favorisiert wird derzeit ein Erklärungsansatz, wonach eine Kombination von verschiedenen Umständen und auslösenden Faktoren verantwortlich ist.
Meist sind dem Ausbruch einer Autoimmunerkrankung bestimmte innere und äußere Auslöser in einer labilen Lebenssituation vorausgegangen.
Mögliche Auslöser einer Autoimmunerkrankung – die Top 5!
- Genetische Veranlagung
- Infektionen
- Umweltfaktoren
- Stress
- Entfremdung
zu 1. Genetische Veranlagung
Weil es überdurchschnittlich oft vorkommt, dass mehrere Mitglieder einer Familie betroffen sind, wird eine genetische Veranlagung für eine Autoimmunerkrankung als sehr wahrscheinlich angesehen. Als sicher gilt jedoch auch, dass weitere exogene wie endogene Faktoren zu einer solchen erblichen Disposition dazu kommen müssen, damit die Weichen in Richtung Autoimmunerkrankung gestellt werden.
Generell lässt sich sagen: Ob eine bestimmte Erkrankung ausbricht oder nicht, hängt wesentlich davon ab, in welcher Verfassung sich der betroffene Mensch befindet; das gilt auch für genetisch bedingte Erkrankungen.
Diese Vorbedingungen lassen sich gerade durch eine homöopathische Behandlung gut beeinflussen.
zu 2. Infektionen
Wie es scheint, können bestimmte bakterielle und virale Infekte zu Auslösern einer Autoimmunerkrankung werden. Beispielsweise ist inzwischen belegt, dass eine bakterielle, durch Streptokokken hervorgerufene Mandelentzündung eine aggressive Form der Schuppenflechte (Psoriasis) auslösen kann.
Ebenso wird ein Zusammenhang zwischen der Entstehung eines Typ-1-Diabetes und einer vorausgegangenen Virusinfektion wie Röteln oder Masern bzw. zwischen einem Lupus erythematodes und einer Epstein-Barr-Virusinfektion diskutiert.
Immer deutlicher wird auch, dass Impfungen einzelne Autoimmunprozesse begünstigen bzw. aktivieren können. Besonders auffällig ist hierbei der Zusammenhang zwischen dem Auftreten von Multipler Sklerose und einer Impfung gegen neurotrope Erreger (Polio, Masern, Tetanus, FSME).
Dass Infektionen zu Initialzündern für eine Autoimmunerkrankung werden können, könnte unter anderem auf einen Mechanismus zurückzuführen sein, der molekulare Mimikry (= Nachahmung) genannt wird: Einige Viren und Bakterien können ihre Oberflächenstruktur so stark verändern, dass sie bestimmten körpereigenen Zellstrukturen sehr ähnlich werden. Dadurch können die Akteure des Immunsystems nicht mehr zwischen fremd und selbst unterscheiden und bekämpfen nun sowohl die krankmachenden Erreger als auch die körpereigenen Zellen.
zu 3. Umweltfaktoren
Hygiene-Hypothese: Autoimmunerkrankungen sind – ebenso wie Allergien und Krebserkrankungen – in den westlichen Ländern stetig auf dem Vormarsch, während die Zahl der Neuerkrankungen in Ländern der sogenannten „Dritten Welt“ konstant niedrig bleibt. Durch den Rückgang natürlicher Infektionsquellen in Industrienationen kommt es vermutlich zu einer Unterforderung des Immunsystems. Im Tierversuch konnte bestätigt werden, dass Mäuse weniger Autoantikörper produzieren, wenn sie vorher Kontakt zu Bakterien-Bestandteilen hatten.
Schadstoffe: Zahlreiche Umweltschadstoffe, mit denen der Organismus tagtäglich konfrontiert wird, schwächt und belastet auch unser Immunsystem.
zu 4. Stress
Chronischer Stress wirkt sich nicht nur ungünstig auf die seelische, sondern auch auf die körperliche Gesundheit – und speziell auf das Immunsystem aus. Denn auf Stress reagiert der Körper umgehend mit einer Reihe von Mechanismen, um die Leistungsfähigkeit zur Bewältigung der Herausforderung zu steigern. Dazu gehört auch, die Fähigkeit des Immunsystems zur Immunabwehr über die Hypothalamus-Hypophyse-Nebennieren-Achse vorübergehend einzuschränken, um so Energie einzusparen. Dies geschieht mithilfe des Stresshormons Cortisol, das bei Stress vermehrt von den Nebennierenrinden ausgeschüttet wird.
Die Bereitstellung von Cortisol wird wieder gestoppt, wenn die Stresssituation vorüber ist. Hält der Stress jedoch an, wird Cortisol kontinuierlich freigesetzt. Die Folge: Mit der Zeit erschöpfen nicht nur die Nebennieren (Nebennierenschwäche, Nicht-Addison-Form), sondern es verringert sich auch die Schlagkraft des Immunsystems gegen Krankheitserreger – man wird anfälliger für Infektionen.
Neuere Untersuchungen legen nahe, dass durch Stress die Gefahr für eine Fehlregulation des Immunsystems steigt, an deren Ende die Entstehung einer Autoimmunerkrankung stehen kann.
zu 5. Entfremdung
Das Wesen einer Autoimmunerkrankung besteht darin, dass das Abwehrsystem körpereigenes Gewebe nicht mehr erkennen kann – dass es ihm fremd, ja sogar feindlich erscheint und deshalb bekämpft werden muss.
Was hier auf körperlicher Ebene nicht mehr erkannt wird, steht manchmal im Zusammenhang mit einem unterdrückten, entfremdeten Teil des eigenen Wesens, der dem Bewusstsein nicht mehr zugänglich ist.
Hypothese: Der Mensch, der an einer Autoimmunkrankheit leidet, ist sich selbst fremd geworden!
M. Breitenberger
Der kranke Mensch, der sich selbst fremd geworden ist, ist gefangen in seinen Identifikationen – identifiziert mit in der Kindheit erworbenen Selbstbildern, mit Vorgängern im Familiensystem oder mit Tugenden und Werten, die nicht mehr passen.
Eine ausführliche Anamnese (griech.: Wieder-Erinnern) zu Beginn der Behandlung, die den ganzen Menschen und nicht nur ein erkranktes Organ untersucht, kann daher schon der erste wichtige, heilsame Schritt sein.
Wenn ich Betroffenen in der Praxis aufmerksam zuhöre, kann ich in vielen Fällen Sätze wie diese hören:
– „Ich bin mir irgendwie selbst fremd geworden“
– „Ich habe mich selbst verloren“
– „Ich kenne mich gar nicht mehr wieder“
Gehäuft werden langanhaltende, emotional schwierige Lebenssituationen in der Vorgeschichte der betroffenen Patienten berichtet.
In der Schulmedizin ignoriert und negiert man diese Erkenntnisse weitgehend. Die Berücksichtigung möglicher psychosomatischer Zusammenhänge erfordert nicht vorhandene Behandlungszeit sowie entsprechende Ausbildung und Erfahrung.
Symptome von Autoimmunerkrankungen
Das Beschwerdebild einer Autoimmunerkrankung hängt wesentlich davon ab, welches Gewebe oder Organ zum Angriffsziel des überschießenden Immunsystems geworden ist.
Für viele Autoimmunerkrankungen sind Symptome wie Müdigkeit, Abgeschlagenheit und Schwächegefühl charakteristisch.
Oft sind sie jedoch so unspezifisch, dass sie zu Beginn der Erkrankung erst einmal fehlgedeutet werden, bis sich weitere Beschwerden hinzugesellen und konkretere Hinweise auf eine Autoimmunerkrankung geben.
Eine eindeutige Diagnose kann unter Umständen Wochen und sogar Monate dauern und Betroffenen eine Odyssee von Arzt zu Arzt bescheren. Morbus Crohn und Colitis ulcerosa werden beispielsweise häufig als Reizdarmsydrom fehldiagnostiziert.
Wie stellt man eine Autoimmunerkrankung fest?
Um eine Autoimmunerkrankung eindeutig nachzuweisen, bedarf es in der Regel einer umfangreichen Diagnostik, bei der unterschiedliche Untersuchungsmethoden zum Einsatz kommen.
Wichtig sind zunächst eine ausführliche Anamnese mit einer möglichst genauen Symptombeschreibung sowie eine eingehende körperliche Untersuchung. Zusätzlich wird eine Laboruntersuchung durchgeführt.
Außerdem kommen in den meisten Fällen bildgebende Verfahren zur Anwendung. Mithilfe von bildgebenden Verfahren wie Röntgen, Ultraschall, Szintigraphie, Computer- und Magnetresonanztomographie können charakteristische Veränderungen an den betroffenen Organen, Gelenken und Geweben festgestellt und begutachtet werden.
In Einzelfällen ist eine feingewebliche Untersuchung (Biopsie) von befallenen Organen oder Geweben notwendig.
Autoimmunerkrankungen: diese Blutwerte sind wichtig
Eine Blutuntersuchung dient insbesondere der Bestimmung von Entzündungswerten (CRP-Wert sowie die Anzahl der weißen Blutkörperchen, die beide bei einer Entzündung erhöht sind), sowie dem Nachweis von Autoantikörpern im Blut.
Da die meisten Autoimmunerkrankungen ein jeweils für sie typisches Autoantikörper-Profil haben, haben Autoantikörper einen hohen Stellenwert in der Diagnostik von Autoimmunerkrankungen.
Gleichwohl reicht ein erhöhter Antikörperspiegel allein nicht aus, um eine Autoimmunerkrankung sicher festzustellen. Umgekehrt kann es sein, dass (zu Beginn der Erkrankung) keine Autoantikörper nachweisbar sind, auch wenn andere diagnostische Verfahren eine Autoimmunerkrankung nahelegen.
Erst das Gesamtbild der verschiedenen Untersuchungsergebnisse zeigt an, ob eine Autoimmunerkrankung vorliegt oder nicht.
Spezielle diagnostische Verfahren der ganzheitlichen Therapie finden Sie unter: Diagnose von Hashimoto-Thyreoiditis.
Test
Der Hinweis auf Autoimmunerkrankungen ergibt sich durch spezifische Symptome bei Betroffenen, die Analyse von Blutproben und diagnostische bildgebende Verfahren.
Daneben werden Gentests angeboten, die jedoch bisher keine zentrale Rolle in der Diagnostik von Autoimmunerkrankungen spielen. Das Risiko für Autoimmunerkrankungen ist multifaktoriell und entsteht in den allermeisten Fällen durch das Zusammenspiel zahlreicher Gene (polygen) und Umweltfaktoren. Ob Autoimmunerkrankungen entstehen, liegt also nicht nur an den Genen, sondern daran, wie sich das Erbgut organisiert, was in der Epigenetik erforscht wird.
Autoimmunerkrankungen entstehen durch eine Fehlregulation im Immunsystem. Ein gesundes Mikrobiom ist ausschlaggebend für ein funktionierendes Immunsystem. Tatsächlich kann man heute sogar aufgrund einer Untersuchung des Mikrobioms auf den Gesundheitszustand und die Krankheitsanfälligkeit eines Patienten schließen.
Die Mikrobiom-Analyse ist eine einfache und effektive Möglichkeit das Immunsytem zu untersuchen. Etwa zwei Drittel aller Immunzellen des Körpers befinden sich im Darm im sog. GALT (Gut Associated Lymphoid Tissue), das sich sich in der Darmschleimhaut befindet und auch als darmassoziiertes Immunsystem, Darmflora oder Mikrobiom bezeichnet wird.
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Welcher Arzt behandelt Autoimmunerkrankungen?
Autoimmunerkrankungen werden, je nach betroffenem Organ oder Organsystemen, von unterschiedlichen Fachärzten behandelt. Dazu gehören vor allem Rheumatologen, aber auch Internisten, Dermatologen, Endokrinologen und Neurologen u.a..
Zudem kann (und sollte), je nach Komplexität des Krankheitsbildes, eine interdisziplinäre Zusammenarbeit notwendig sein.
Die schulmedizinische Behandlung ist vor allem symptomatisch ausgerichtet und lässt die persönliche Krankheitsgeschichte des Betroffenen meist außer Acht – egal, von welchem Facharzt sie durchgeführt wird.
Idealerweise wird die fachärztliche Behandlung daher von einer umfassenden Behandlung durch einen ganzheitlich orientierten Therapeuten ergänzt.
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Behandlung von Autoimmunerkrankungen
Da der schulmedizinische Therapieansatz davon ausgeht, dass eine Autoimmunerkrankung nicht heilbar ist, steht vor allem die Linderung der Beschwerden im Fokus der Behandlung.
Zugleich wird versucht bei einer möglicherweise fortschreitenden Erkrankung wie Multiple Sklerose oder Colitis ulcerosa den Krankheitsverlauf zu mildern und einen Stillstand (komplette oder partielle Remission) der Erkrankung zu erwirken.
Eine wenige Autoimmunerkrankungen werden mit speziellen Medikamenten behandelt, so erfolgt etwa eine Behandlung der Hashimoto-Thyreoiditis mit Schilddrüsenhormonen (z.B. L-Thyroxin) zum Ausgleich des Schilddrüsenhormonmangels.
Welche Medikamente helfen bei Autoimmunerkrankungen?
Die meisten Autoimmunerkrankungen werden unspezifisch mit diesen drei Medikamenten behandelt.
- Kortison als Akuttherapie, mitunter auch zur Langzeitbehandlung in unterschiedlicher Dosierung
- Immunsuppressiva als Basistherapie (zum Beispiel Methothrexat, Ciclosporin, Azathioprin)
- Biologika (zum Beispiel TNF-alpha-Hemmer, der monoklonale Antikörper Rituximab)
Immunsuppressiva bei Autoimmunerkrankungen
Immunsuppressiva unterdrücken die Aktivität des Immunsystems und können in manchen Stadien von Autoimmnerkrankung das Überleben sichern.
Jedoch werden durch Immunsuppressiva nicht nur die überschießenden Immunreaktionen gedämpft, sondern auch die für den Körper so wichtige Abwehrfunktion. Damit steigt das Risiko für Infektanfälligkeit, schwer verlaufende Infektionen und Krebserkrankungen. Hinzu kommen zahlreiche Nebenwirkungen, die bis zur Schädigung von Organen reichen können.
In schweren und bedrohlichen Fällen mag die Anwendung von Immunsuppressiva also durchaus gerechtfertigt sein. Grundsätzlich sollte vor einer palliativen Maßnahme aber immer ein kurativer Therapieansatz versucht werden. Die klassisch homöopathische Konstitutionsbehandlung hat sich in meiner Praxis in vielen dokumentierten Fällen als erfolgreiche kurative Therapiemöglichkeit erwiesen.
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Ist eine Autoimmunerkrankung heilbar?
Grundsätzlich gelten Autoimmunerkrankungen in der schulmedizinischen Lehrmeinung als unheilbar.
Wie kann man Autoimmunerkrankungen heilen?
In 25 Jahren meiner Praxistätigkeit und schwerpunktmäßiger Behandlung von Autoimmunkrankheiten war es nicht nur möglich Beschwerden zu lindern, sondern ich durfte auch viele Patienten mit Multiple Sklerose, autoimmunen Entzündungen der Bauchspeicheldrüse, Hashimoto-Thyreoiditis, Morbus Basedow, Colitis ulcerosa u.a. auf ihrem Heilungsweg begleiten. Wie war das möglich?
Die entscheidende Frage am Anfang der Behandlung war dabei: wen oder was müssen wir behandeln?
- das betroffene Organ?
- die Psyche?
- das Immunsystem?
- den gesamten Menschen?
- das Lebensumfeld des erkrankten Menschen?
- … alles zusammen?
Meist müssen für vollständige Genesung alle diese Bereiche berücksichtigt werden!
Welche Rolle spielt die Psyche bei Autoimmunerkrankungen?
Mitte der 1970er-Jahre hat sich die bisher wenig beachtete Fachrichtung Psychoneuroimmunologie etabliert (seit Mitte der 1990er-Jahre Neuro-Endokrino-Immunologie genannt). Sie untersucht die Auswirkungen psychischer Stressoren (Stimmung, Wahrnehmung, Lebensumstände etc.) auf das Immunsystem und das gesamte Befinden des Menschen.
Psychische und physische Stressoren modulieren das Immunsystem von Anfang an, das heißt schon bevor ein Mensch auf die Welt kommt.
Die Fähigkeit „selbst“ von „fremd“ zu unterscheiden, erlernen die T-Zellen des Immunsystems lange vor der Geburt bis zur Pubertät in der Thymusdrüse. Die Weichen für spätere Krankheiten des Immunsystems werden also schon in der frühen Kindheit gestellt.
Haben Selbstbilder und Selbstbewusstsein Einfluss auf Autoimmunerkrankung?
Resilienz und Resistenz werden wie Affekt (automatisch mit Gefühlen verbundener Ausdruck) und Affektkontrolle von der rechten Gehirnhälfte in den ersten eineinhalb Lebensjahren zu 80 Prozent angelegt und geprägt.
Selbstfürsorglich und gesund zu leben, lernen wir also bevor das Denken und Sprechen beginnt. Die linke Gehirnhälfte schafft zeitversetzt Begrifflichkeit und Selbstbilder. Diese Selbstbilder sind es, die uns als Erwachsene einschränken können und uns ein einfältiges statt vielfältiges und zufriedenes Leben bescheren.
Selbsterkenntnis und Selbstbewusstsein entwickeln sich also bereits in der frühen Kindheit. Ein gestörtes psychisches Selbstbewusstsein und ein Selbstbewusstsein auf der Ebene der Körperzellen (biochemisch durch MHC-Proteine repräsentiert) bedingen sich gegenseitig. Diese Tatsache hat weitreichende Konsequenzen für erfolgversprechende Therapiekonzepte.
Ein Ziel der Therapie sollte neben der Behandlung physischer Dysregulation auch sein, den Menschen, dessen Immunsystem eigene Organe angreift und zerstört, dabei zu unterstützen sich selbst wieder zu erkennen und neu kennenzulernen: herauszufinden, wer gemeint ist, wenn der/die Betroffene „ICH“ sagt.
M. Breitenberger
Selbstbilder und überholte Lebensgewohnheiten müssen auf einem Heilungsweg häufig in Frage gestellt werden.
Bedeutung von Autoimmunerkrankung
Krankheit ist in jedem Fall nicht nur Ausdruck und Resultat vergangener Ereignisse, sondern weist auch wie ein Gestaltungsauftrag in die Zukunft. Krankheit kann ein Weg sein, um dringend Notwendiges im Leben zu verwirklichen.
Was hat Aggression und Depression mit Autoimmunerkrankungen zu tun?
Aggression (lat. aggredere: sich heranmachen, in Angriff nehmen) ist die Möglichkeit zum Richtungs- und Ortswechsel, wenn sie nicht als Feindseligkeit, sondern als Fähigkeit eingesetzt wird:
- auf das zuzugehen, was mir gut tut
- von dem wegzugehen, was mir schadet
- gegen das anzugehen, was mich bedroht.
Diese Fähigkeit verbindet den Menschen mit anderen Säugetieren und unterscheidet ihn von klimaabhängigen Pflanzen und ortsgebundenen Mineralien.
Bei Autoimmunerkrankungen ist die Möglichkeit etwas aktiv zu verändern häufig verloren gegangen. Wenn der eigenen Kraft keine Richtung gegeben wird, wird sie in der normalen Depression unterdrückt, oder wendet sie sich gegen einen selbst (Autoaggression).
Welche Rolle spielt Beziehung bei Autoimmunerkrankung?
Die Richtungs- und Orientierungslosigkeit, die sich in der Autoimmunerkrankung individuell und mikrokosmisch auf Zellebene widerspiegelt (Autoantikörper), hat ihre Entsprechung im makrokosmischen Bereich im gestörten Beziehungsleben.
Autoimmunerkrankungen spiegeln wie kaum ein anderer Krankheitsprozess das Dilemma des Menschen in der Postmoderne wieder: mit Vollgas in die falsche Richtung!
M. Breitenberger
Kollektiv erleben wir regelmäßig das Phänomen, dass Menschen, die wechselseitig voneinander abhängig sind, sich gegenseitig bekämpfen.
Individuell, im Fall von Autoimmunerkrankung, zeigt sich diese krankhafte Tendenz, dass sich der Einzelne gegen sich selbst wendet – in der Psychologie ist dieses Phänomen bekannt unter der Bezeichnung “Retroflektion”.
Gibt es eine bestimmte Persönlichkeitsstruktur bei Autoimmunerkrankungen?
Die meisten Menschen mit Autoimmunerkrankungen versuchen alles richtig und es allen recht zu machen – und leben dabei nicht im Einklang und stimmiger Beziehung mit:
- sich selbst
- ihren Mitmenschen
- der umgebenden Natur
- einer allumfassenden, größeren Ordnung.
So ist Krankheit immer auch ein Aufruf, wieder in die Ordnung zu kommen.
Was kann man noch tun bei Autoimmunerkrankung?
Bei autoaggressiven Prozessen reichen partielle Veränderungen und Korrekturen des bereits Bestehenden meist nicht mehr aus. Es braucht für den einzelnen Menschen und seine Umgebung eine tiefgreifende Verwandlung, wie sie die Raupe vollzieht, wenn aus ihr ein Schmetterling werden soll.
Wie und wodurch kann diese Verwandlung beginnen? Bei den Schmetterlingsraupe ist das Steroidhormon “Ectyson” der Startschuss, um ihr gesamtes Inneres mit allen Organen aufzulösen und sich anschließend auf bis dahin unbekannte Weise als Schmetterling neu zu organisieren.
Bei uns Menschen kann es beginnen, wenn wir:
- aufhören nachzudenken, was uns andere vorgedacht haben
- es wagen Unerhörtes auszusprechen
- unverschämter werden, indem wir lernen ohne Scham zu zeigen, wie wir eigentlich sind
- offen für andere Meinungen und kritisch gegenüber festgefahrenen Überzeugungen werden
- aufhören zu reden und anfangen das zu tun und sich um das zu kümmern, was uns wirklich am Herzen liegt!
Heilung (altgriech. holos: ganz, vollkommen) bedeutet in diesem Sinne, sich an seine Ganzheit zu erinnern – an das, was wir im Prinzip (lat. ad principium: von Anfang an) vor unseren Identifikationen waren und wollten und jetzt dringend zu einem gesünderen Leben brauchen.
Wenn wir in der Behandlung und Therapie von Autoimmunerkrankungen keine vollkommene Verwandlung auf allen Ebenen anstreben, werden wir auf das Wesen dieser Krankheitsphänomene keinen Einfluss nehmen können und mit unseren selbstbeschränkten medizinischen Möglichkeiten an der Peripherie des Krankheitsgeschehens bleiben.
M. Breitenberger
Meine Erfahrung in 25 Jahren Behandlung von Autoimmunerkrankungen ist, dass sich kooperative Simultanbehandlung (Allopathie + Homöopathie + Psychotherapie + Selbsterfahrung) mehr Nutzen für Erkrankte bringen könnte, als das in arroganten, ignoranten und kompetitiven Behandlungsweisen heute viel zu oft der Fall ist.
Vor diesem Hintergrund gibt es in der heutigen Medizin noch viel zu tun, um Krankheiten ohne messbare Ursache angemessen zu begegnen. Vor allem aber können wir alle noch viel lernen im achtsamen, freundlichen Umgang mit uns selbst, unseren Mitmenschen und unserer Umwelt – es lohnt sich.
Richtige Ernährung
Für viele Patienten mit einer Autoimmunerkrankung hat die Ernährung nicht nur eine kulinarische, sondern vor allem eine therapeutische Bedeutung: Zahlreiche Studien belegen, dass direkt auf den Krankheitsverlauf einer Autoimmunerkrankung Einfluss genommen werden kann, wenn bestimmte Lebensmittel gemieden und andere bevorzugt verzehrt werden.
Wichtig ist, den Körper zum einen ausreichend mit allen wichtigen Nährstoffen zu versorgen und sich zum anderen bewusst anti-entzündlich zu ernähren.
Anti-entzündliche Ernährung bei Autoimmunerkrankung
Eine anti-entzündliche Ernährung zielt darauf ab, den autoimmunbedingten Entzündungsvorgängen im Körper buchstäblich den Nährboden zu entziehen. Die positiven Effekte machen sich oft schon wenige Wochen nach der Ernährungsumstellung bemerkbar:
Akute Entzündungszeichen lassen nach, die Schmerzen werden weniger – und nicht selten kann auch die Dosis der Medikamente verringert oder sogar ganz auf sie verzichtet werden.
Hierfür gilt es, möglichst wenig Lebensmittel zu verzehren, die aufgrund ihrer Inhaltsstoffe entzündungsfördernd wirken und bevorzugt die Nahrungsmittel zu essen, die auf Entzündungsprozesse hemmend wirken.
Dementsprechend ist eine anti-entzündliche Ernährungsweise zum Beispiel reich an pflanzlichen Antioxidantien und gesunden Omega-3-Fettsäuren, jedoch enthält sie nur wenig entzündungsfördernde Omega-6-Fettsäuren, allen voran die zu den Omega-6-Fettsäuren gehörende Arachidonsäure, die vor allem in Fleisch enthalten ist.
Wie sich eine anti-entzündliche Ernährung im Einzelnen zusammensetzt, erfahren Sie unter: Richtige Ernährung bei Hashimoto-Thyreoiditis
Individuelle Ernährungsberatung bei Autoimmunerkrankung
Viele Autoimmunerkrankungen gehen mit einer Nahrungsmittelunverträglichkeit einher. Manchen liegt eine Dysbiose oder eine Unverträglichkeit von Gluten zugrunde, bei anderen, allen voran bei den chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen Colitis ulcerosa oder Morbus Crohn, ist eine gestörte Barrierefunktion der Darmschleimhaut – „durchlässiger Darm“ bzw. Leaky-Gut-Syndrom – Teil des Krankheitsbildes.
Hinzu kommen Unverträglichkeiten, die überwiegend in der akuten Phase einer Autoimmunerkrankung auftreten, in Zeiten mit weniger oder gar keinen Beschwerden jedoch wieder verschwinden. In all diesen Fällen empfiehlt sich eine individuelle Ernährungsberatung, die gegebenenfalls zumindest in den ersten Wochen und Monaten Bestandteil der Therapiestrategie sein sollte.
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Erstellungsdatum:
18.12.2010
Autoren:
Markus Breitenberger, Heilpraktiker und Homöopath. Seit über 20 Jahren behandelt er in eigener Praxis schwerpunktmäßig Menschen mit Autoimmunerkrankungen. Autor von 2 Büchern zum Thema Autoimmunerkrankungen und zahlreichen medizinischen Fachartikeln.
Dr. Nicole Schaenzler, Philologin und Medizinjournalistin. Herausgeberin eines Gesundheitsmagazins und Fachautorin zahlreicher Bücher zu medizinischen Themen.
Quellen:
IgG4-associated autoimmune diseases – radiological manifestation, 12/2016
Autoimmune diseases: epidemiology, diagnosis and treatment, 04/2008
Nutrition – what really counts