Die gute Nachricht am Anfang: Jedes Kind kann schlafen lernen – aber nur ohne Druck und Zwang. Pauschale Programme schaden mehr, als sie nutzen. Immer müssen die individuellen Bedürfnisse und Rhythmen des Kindes und nicht die manchmal ehrgeizigen Ziele der Eltern im Vordergrund stehen. Wie genau eine bindungsbasierte Einschlafhilfe aussehen kann, erfahren Sie in einer Beratung in meiner Praxis in München.
Sicherer Schlaf: sollen Babys im Bett der Eltern schlafen?
80–90% aller Babys weltweit schlafen zumindest im ersten Lebensjahr im Bett der Eltern. Evolutionsbiologisch ist die Nacht die gefährlichste Zeit und damit ist die Nähe zu den Eltern gerade in der Nachtzeit eine enorme Beruhigung für ein ansonsten ungeschütztes Baby. Das Stillen, die Körperwärme und der Atemrhythmus der Mutter beruhigen das Baby.

Die Wach- und Schlafzyklen von Mutter und Baby sind sehr genau aufeinander abgestimmt, wenn das Baby bei der Mutter schläft. Das kann im Schlaflabor mittels Elektroenzephalografie sehr gut nachgewiesen werden.
Die Mutter reagiert auf niederschwellige Impulse des Babys quasi im Schlaf und stillt das jeweilige Bedürfnis bevor Mutter und Kind wirklich wach geworden sind. Am morgen sind beide relativ ausgeschlafen.
Die Mutter sollte nachts so wenig wie möglich aufstehen müssen. Dafür kann sie gerade in den ersten Wochen das Kinderbettchen neben das eigene in unmittelbare Reichweite stellen und bei nächtlicher Unruhe die Hand zum Baby hinüberreichen. Dann haben beide ausreichend Raum und die nötige Nähe für erholsamen und sicheren Schlaf.
Wenn das Baby in einem anderen Zimmer schläft, verlaufen die Schlafzyklen von Mutter und Baby asynchron und die Mutter hört die Signale Ihres Babys meist erst dann, wenn sie schon beide aus der Tiefschlafphase herausgerissen sind. Dann wird das Stillen nachts zu einer ständigen Störung und beide sind morgens oft gerädert.
Was tun wenn mein Baby nicht schlafen kann?
Achten Sie auf immer gleiche Einschlafrituale, die verlässlich und ruhig vollzogen werden. Wenn es dennoch schwierig wird, braucht man sich um das Kind am wenigsten zu sorgen, weil es ein Schlafdefizit im Allgemeinen leicht wieder ausgleichen kann.
Der Schlaf der Mutter ist heilig. Sie muss annähernd ausgeschlafen sein, um den anstrengenden 16-18-Stunden-Alltag gut zu schaffen. Wenn es unruhige Nächte gibt, sollten die Eltern vorübergehend in getrennten Zimmern schlafen, weil sich die Situation verschärft, wenn Vater und Mutter übernächtigt und erschöpft sind.
Wichtig ist auch, dass sich die Eltern über geeignete Maßnahmen für einen erholsamen Schlaf ihres Kindes im Vorfeld einig werden, damit sie nicht nachts völlig übermüdet in Streitgespräche und Schuldzuweisungen geraten, sondern sich wechselseitig unterstützen.
Muss mein Baby auf dem Rücken schlafen?
Jahrelang wurde in der Kinderheilkunde propagiert: Kinder müssen auf dem Bauch schlafen! Dann kam Prof. A. Czerny, ein Mitbegründer der modernen Kinderheilkunde und behauptete radikal: Kinder müssen auf dem Rücken schlafen! Und alle folgten. So werden Babys je nach wissenschaftlicher Mode seit Jahrzehnten gedreht und gewendet. Machen Sie sich da nicht verrückt. Nicht die Schlaflage ist das Problem, wenn es zu Notfällen kommt, sondern andere Faktoren, die im Weiteren beschrieben werden.
Wie schläft mein Baby sicher?
- Schlafen Sie mit Ihrem Baby mindestens in den ersten 12 Lebensmonaten im selben Zimmer
- Sie und Ihr Baby schlafen auf einer festen Matratze. Keine Wasserbetten, alte durchgelegene oder zu weiche Matratzen oder Sofas
- Betten Sie Ihr Kind in einen passenden Schlafsack
- Verzichten Sie auf zusätzliche Decken, Felle, Kissen, Nestchen, die die Atemwege verlegen könnten
- Schlafen Sie Ihrem Kind möglichst zugewandt
- Sorgen Sie für eine Raumtemperatur im Schlafzimmer zwischen 16–18 Grad Celsius
- Ihrem Baby darf es nicht zu warm werden. Es sollte nicht mehr Lagen Kleidung tragen als Sie selbst
- Wenn ein älteres Kind ebenfalls mit Ihnen zusammen im Bett schläft, ist es am besten, Sie oder Ihr Partner schlafen zwischen Ihrem Baby und dem Geschwisterkind
- Sorgen Sie dafür, dass niemals ein Haustier im Bett des Baby schlafen kann
- Sorgen Sie für eine rauchfreie Umgebung
- Stillen Sie Ihr Kind möglichst in den ersten sechs Lebensmonaten
- Holen Sie sich rechtzeitig Rat, wenn es nicht so klappt mit dem Schlafen, wie Sie es sich wünschen
Plötzlicher Kindstod
Mit einem Risiko von 0,04% ist das die häufigste Todesart im Kindesalter jenseits der Neugeborenenzeit und tritt am häufigsten im ersten Lebensjahr in der Schlafenszeit auf.
In den achtziger Jahren wurde festgestellt, dass immer mehr Kinder am plötzlichen Kindstod starben. Das sogenannte SIDS / Sudden Infant Death Syndrome entsteht nicht allein dadurch, dass das Baby im Bett der Eltern oder auf dem Bauch schläft, sondern, weil andere Risikofaktoren nicht beachtet wurden.
Kinder, die den plötzlichen Kindstod starben, schliefen meist im Bett der Eltern, die geraucht haben, unter Alkohol-, Drogen- oder Medikamenteneinfluss standen und so nicht mehr feinfühlig auf die Signale des Babys reagieren konnten. Oder sie schliefen im eigenen Bett mit einer zu weichen Matratze in der sie eingesunken sind, oder mit Schlafaccessoires wie Kuscheltieren oder üppigen Kissen, die die Atemwege verlegen konnten.
Risikofaktoren für plötzlichen Kindstod
- Eine früher bereits eingetretene lebensbedrohende Krise
- Ein am plötzlichen Kindstod verstorbenes Geschwisterkind
- Eine Frühgeburt vor der 33. SSW oder ein sehr niedriges Geburtsgewicht
- Drogenkonsum der Mutter
Weitere Risikofaktoren des Säuglings:
- Passivrauchen sowohl während der Schwangerschaft als auch nach der Geburt
- Überwärmung
- Zudecken des Kopfes oder ungenügende Luftzirkulation
- Verzicht auf Stillen
Literatur:
Schlaf gut, Baby!: Der sanfte Weg zu ruhigen Nächten
Ich will bei euch schlafen!: Ruhige Nächte für Eltern und Kinder
Erstellungsdatum:
01.02.2013
Autor:
Markus Breitenberger, Heilpraktiker und Homöopath in München. Behandelt seit mehr als 20 Jahren Kinder mit Schlafproblemen. Autor von zahlreichen Büchern, Fachartikeln und Blogbeiträgen zu Themen rund um Gesundheit und Psychotherapie.